70 Jahre zurück in der Geschichte: Abenteuer junger Frauen in Grafenwöhr
Renommierter Jugendbuchautor Thomas Jeier las im Gerhardinger-Saal
Am 13.11.2024 hatten Schülerinnen der Mittelstufe die Gelegenheit, einen überaus produktiven Schriftsteller von Jugend- und Erwachsenenliteratur zu erleben und im Anschluss auch zu befragen: Thomas Jeier kam in den Gerhardinger-Saal und las nicht nur vor, sondern erklärte auch. Die Schülerinnen der Klassen R 9 a,b,c, R 10 a,b,c, und G 10 a, b konnten sich einerseits gut hineinversetzen in die Gefühlslage der Jugendlichen, die in Thomas Jeiers Roman „Kiss Me, Fräulein“ die Hauptrolle spielen. Andererseits war ihnen das Drumherum völlig fremd, spielte sich das Ganze doch in der unmittelbaren Nachkriegszeit ab, also vor gut 70 Jahren. Allerdings, und das war wieder ein Anknüpfungspunkt, Schauplatz des Romans (und des Fortsetzungsbandes) ist die Oberpfalz, genauer gesagt: ein Dorf nahe Grafenwöhr.
Was für die heutigen Schülerinnen befremdlich und gewöhnungsbedürftig ist, sind die strengen Regeln und Verbote, mit denen die damaligen Eltern ihre Töchter konfrontierten, wobei viele der Väter als Kriegsteilnehmer, z. T. erst nach Jahren der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, traumatisiert waren; einige dieser Väter hatten ihre Nazi-Überzeugungen noch lange nicht überwunden und sahen die in Grafenwöhr stationierten amerikanischen Soldaten als Feinde.
Der Klappentext des im Verlag Tinte & Feder erschienenen Romans ließ zunächst eine etwas klischeehafte Darstellung vermuten:
Deutschland in den Fünfzigerjahren: In der Micky Bar treffen drei junge Frauen auf lebenshungrige Soldaten, die Gefallen an deutschen »Fräulein« gefunden haben und nicht genug von ihnen bekommen können: Die selbstbewusste Ingrid mit ihren blonden Engelslocken stürzt sich ins Abenteuer und ermuntert auch ihre beiden Freundinnen, sie in das Tanzlokal zu begleiten. Jule und Gerda zögern, zu groß ist ihre Angst vor ihren konservativen Eltern. Doch die Neugier auf das neue Lebensgefühl mit heißem Rock ’n’ Roll und die Sehnsucht, den Alltag endlich hinter sich zu lassen, sind stärker.
Während der Lesung werden durch die Erläuterungen des Autors aber Hintergründe und Zusammenhänge klar, und schon bald wächst das Gefühl, nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein Stück Zeitgeschichte in diesem Text präsentiert zu bekommen.
Der 1947 geborene Schriftsteller Thomas Jeier hat eine bunt-beeindruckende Schaffenspalette aufzuweisen. So sorgte er als Redakteur beim Kauka-Verlag für einige der pfiffigen Texte in den „Lucky Luke“-Bänden und moderierte zwanzig Jahre lang die Radiosendung „Country Club“ im Bayerischen Rundfunk. Doch den Hauptanteil an seiner Arbeit hatte das Schreiben. Jeier veröffentlichte insgesamt über 100 Romane und Sachbücher. Seine Werke wurden in mehrere Sprachen übersetzt und mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Schon eines seiner ersten Werke, Der Große Goldrausch von Alaska, wurde 1974 mit dem renommierten Friedrich-Gerstäcker-Preis ausgezeichnet. Er schreibt unter verschiedenen Pseudonymen. Als „Christopher Ross“ verfasste er Abenteuerromane für Erwachsene, und für seine Reihe „Die Frauen vom Badesee“, deren erster Band „Kiss me, Fräulein“ darstellt, legte er sich den Künstlernamen „Christina Beer“ zu – als Hommage an seine Frau, wie er sagte, denn sie habe als gebürtige Oberpfälzerin viel zu diesen Texten beigetragen.
Den Kontakt zu Thomas Jeier stellte Deutschlehrer Andreas Hilgart her, der in der Countrymusikszene seine Bekanntschaft gemacht hatte. Sowohl er als auch Realschulkonrektorin Gabriele Tröster bedankten sich herzlich für die Lesung, und die Schülerinnen dankten mit kräftigem Applaus. Einige aus der R9a nutzten die Gelegenheit, ihr Exemplar von „Kiss me, Fräulein“ vom Autor signieren zu lassen, das sie bei Herrn Hilgart zur Zeit als Klassenlektüre lesen.
Text und Bilder: Peter Ringeisen