Mit 250 anderen Leuten wochenlang in einer Turnhalle leben
Gastreferent Michael Sandner zu Besuch bei der Q12
Am Montag, 14. Oktober 2024 erhielt das W-Seminar „Krieg in der Ukraine“ Besuch von Gastreferent Michael Sandner. Dieser hat in Amberg die Initiative „Zamhaltn“ ins Leben gerufen. Die erste Idee entstand dazu während Corona, genauer gesagt 2021. Beispielsweise hat die Familie Sandner privat – mit Unterstützung vieler Amberger Geschäfte – Mutmacher-Tassen für das Klinikpersonal im Amberger Krankenhaus organisiert. Mit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 hat Sandner seinen gemeinnützigen Aktionen einen Rahmen gegeben: „Zamhaltn“ ist jetzt ein eingetragener Verein mit Michael Sandner als Vorsitzenden. Als Hilfe für die ukrainischen Flüchtlinge war zusammen mit Hans Lauterbach von „Sulzbach-Rosenberg hilft“ und Sandner Kollegin Anna Seliger ein einmaliger Transport von Sachspenden in Ambergs polnische Partnerstadt Klodzka gedacht. Doch die drei merkten schnell wie groß die Not der Leute und somit wie dringend der Handlungsbedarf war. Die Hilfsbereitschaft der Amberger war überwältigend: Viele Sachspenden wurden abgegeben, die glücklicherweise in einer Gailoher Lagerhalle gratis sortiert und untergebracht werden konnten. „90 Prozent waren auch wirklich absolut wichtige und brauchbare Güter. Ein Brautkleid und einen ganzen Karton voll mit Krawatten haben wir erst einmal beiseite gelegt.“, erzählte Sandner. Knapp 150 Ehrenamtliche erklärten sich sofort bereit, regelmäßig zu helfen, zum Beispiel bei der Kleiderausgabe oder der Versorgung der Flüchtlinge. Der erste Flüchtlingsstrom wurde in der GMG-Turnhalle untergebracht. Den Krieg selbst hatte glücklicherweise nur die Minderheit der Flüchtlinge erlebt. Dennoch war es ein großer Schock, von heute auf morgen seine Wohnung oder sein Haus verlassen zu müssen, und nur mit einem Koffer oder Rucksack in der Hand in einer großen Turnhalle zu stehen. Männer ab 18 Jahren mussten bis auf wenige Ausnahmen in der Ukraine zurück bleiben und Wehrdienst leisten. Auch Haustiere wie Katzen, Meerschweinchen oder ein schwangerer Dackel waren in der Turnhalle untergebracht. Privatsphäre gab es dort natürlich kaum, obwohl versucht wurde, mit Wäscheklammern und Decken einen abtrennbaren Bereich für sich und seine Familie bzw. Freunde zu schaffen. Schon bald konnten die ersten Wohnungen in Amberg und Umgebung vermittelt werden. In einem Jahr hat Michael Sandner bei 46 Umzügen geholfen: „Die Wohnungen waren ja teilweise komplett leer. Wir mussten gebrauchte Möbel organisieren, abholen und abbauen und dann vor Ort wieder zusammenbauen.“ Michael Sandner arbeitet Vollzeit, sein Ehrenamt nahm in Spitzenzeiten circa 45 Wochenstunden zusätzlich in Anspruch. Ein Antrieb ist für ihn die große Dankbarkeit der Ukrainer. Beschwerden hat er von dieser Seite nie gehört, eher Scham, weil fremde Leute einen helfen und man staatliche Hilfe beantragen muss. Die Hilfsbereitschaft der Einheimischen hat nach zweieinhalb Jahren abgenommen. Vermehrt hört Sandner Kritik an der Arbeit von „Zamhaltn“. Ihm wurde schon öfter ins Gesicht gesagt, dass es allmählich wieder reiche mit der Hilfe für die Ukraine, da Deutsche zum Beispiel auch Probleme bei der Wohnungssuche haben. Im Zweiergespräch versucht Michael Sandner dann zu argumentieren, dass teilweise acht Ukrainer in einer nicht gerade gemütlichen Zwei-Zimmer-Wohnung leben. Außerdem bietet „Zamhaltn“ regelmäßig ebenfalls Hilfe für Amberger an, wie beispielsweise einen Seniorentreff oder eine Suppenküche in der Nähe der Erlöserkirche.
Die Zwölftklässlerinnen hörten 90 Minuten gebannt zu und bedankten sich mit großem Applaus bei Michael Sandner für den interessanten Vortrag.
Text, Bilder: Simone Kurbjuweit