Seit elf Jahren Krieg
Besuch von zwei ukrainische Studentinnen der OTH


Das W-Seminar „Krieg in der Ukraine“ hatte am Montag, 17. Februar 2025, Besuch von zwei ukrainischen Studentinnen: Alina Debelko und Viktoriia Hal erzählten 90 Minuten lang von ihren persönlichen Erfahrungen mit dem Krieg in der Ukraine. Viktoriia stammt aus Saporischschja. Sie erinnerte sich an den 24. Februar 2022: Um sechs Uhr am Morgen rief sie gleich nach dem Aufstehen ihren Papa an und wollte fragen, wann sie ihn von der Arbeit holen solle, da sie sich ein Auto teilten. Ihr Vater antwortete: „Hast du es nicht in den Nachrichten gehört? Der Krieg hat begonnen, Flughäfen werden bombardiert. Bleib daheim, geh nicht raus!“ Die Familie hatte große Angst, zumal sich in der Nähe des Heimatortes auch ein Atomkraftwerk befindet, das attackiert werden könnte. Viktoriias Eltern mussten bereits den Super-GAU in Tschernobyl miterleben. Ihr Vater und ihr Bruder durften die Ukraine nicht verlassen, sondern waren verpflichtet, zu kämpfen. Viktoriia beschloss nach zehn Tagen im Krieg, nach Deutschland zu fliehen. So stand sie am Morgen des 4. März 2022 allein und mit einem kleinen Rucksack, der für die erste Zeit reichen musste, am Bahnhof. Die Entscheidung für wenig Gepäck war schlau, da die Züge völlig überfüllt waren. Vor allem Frauen mit Kindern wollten die Ukraine verlassen. Über Polen kam Viktoriia schließlich am 9. März 2022 in Sulzbach-Rosenberg an, wo ihre Tante wohnt. Die ersten zwei Monate ist sie dort geblieben. Sie hat schnell mit Sprachkursen begonnen, wobei ihr eine Hilfe war, dass sie bereits in der Schule Deutschunterricht hatte. Der bayerische Dialekt sei aber nach wie vor eine Herausforderung für die 22-jährige Studentin und ihr Kopf brauche manchmal etwas Zeit, um die Wörter nach Englisch, Deutsch, Russisch und Ukrainisch zu sortieren. Viktoriia wohnt mittlerweile in Amberg und jobbt – neben dem Studium der Medientechnik und Medienproduktion – seit drei Jahren in einem Café, wo sie dankbar für sehr nette Kollegen ist. Nach einem halben Jahr in Deutschland hat sie ein Stipendium bekommen, d.h. sie war nur wenige Monate auf das Jobcenter angewiesen. Ihr gehe es gut in Deutschland, dennoch bedrückt sie die politische Lage in der Heimat.
Für Alina Debelkos Familie war die russische Invasion am 24. Februar 2022 keine Überraschung: Der Krieg hat ja schon 2014 begonnen, er ging 2022 nur in eine neue Phase. Ihre Familie musste 2014 umziehen, als die Russen unter anderem den Donbass besetzten. Seit 2014 hat Alina ihre Oma nicht mehr persönlich getroffen. Am Telefon klammern sie politische Themen aus, da die Gespräche vermutlich abgehört werden. Vielen ihrer Verwandten wäre es mittlerweile egal, ob die Gebiete russisch oder ukrainisch sind. Hauptsache es kehrt bald Ruhe und Frieden ein. Den Gong zum Stundenwechsel hört man im Klassenzimmer A33 recht laut, sodass die beiden Studentinnen zusammenzuckten: „In solchen Situationen denken wir immer noch an den Bombenalarm in der Heimat. Und an unsere Familien, die das an vielen Tagen mehrmals ertragen müssen.“
Alina kam 2022 mit 16 Jahren nach Deutschland. Die ersten Wochen waren ihre kleine Schwester und ihre Mutter dabei. Aber ihre Eltern sind beide Ärzte und werden in der Heimat für die medizinische Versorgung gebraucht. Ihre Schwester war noch zu jung, um ohne Erziehungsberechtigte bleiben zu dürfen. Alina war also mit knapp 17 Jahren allein in einem fremden Land. Unterstützung bei bürokratischen Angelegenheiten bekommt sie von ihren Vermietern. Alina arbeitet – zusätzlich zu ihrem Studium „Internationales Technologiemanagement“ – an der OTH und organisiert dort Veranstaltungen bzw. betreut unter anderem Austauschstudenten. Gleichzeitig führt sie ihr Fernstudium an einer Universität in der Ukraine fort. Den großen Fleiß der beiden Studentinnen konnte man schon an der sorgfältig vorbereiteten Power Point Präsentation erkennen. Alina und Viktoriia haben aber völlig frei und in sehr gutem Deutsch gesprochen. Unsere Zwölftklässlerinnen erfuhren somit auch viel über ein mögliches Studium an der OTH Amberg-Weiden. Wir wünschen den beiden engagierten und mutigen jungen Frauen, die sich schnell in Deutschland integriert haben, alles Gute!


Text, Bilder: Simone Kurbjuweit