Lebendige Demokratie

Vortrag des Landwirtschaftsmeisters Matthias Dotzler

„Bring doch deinen Papa mal zum Unterricht mit!“ Was erst mehr als Scherz gedacht war, entpuppte sich als gute Idee: Beim aktuellen Wochenbericht in der Politik- und Gesellschaft- Stunde der R10c fiel eine Schülerin auf, die sehr gut über die aktuellen Bauernproteste informiert war. Sie erzählte, dass ihr Vater bei den Demonstrationen ab dem 8. Januar 2024 dabei war. Matthias Dotzler war sofort bereit, sich Zeit zu nehmen, um am 24. Januar 2024 im Rahmen einer Unterrichtsstunde über die aktuellen Proteste bzw. deren Hintergründe zu informieren. Herr Dotzler ist Vollerwerbslandwirt aus Kindlas, derzeit stehen 90 Kühe in seinem Stall.
Seit 2020 ist Matthias Dotzler im Hirschauer Stadtrat vertreten, außerdem ist er stellvertretender Kreisobmann beim Bayerischen Bauernverband. „Wir sagen offen unsere Meinung und zu der stehen wir. Wir leben schließlich in einer Demokratie.“ Dazu ermutigte er auch die Schülerinnen. „Ihr müsst euch nicht gleich in den Stadtrat wählen lassen. Uns wäre schon geholfen, wenn die Jugend uns ihre Anliegen vortragen würde. Denn als Erwachsener liegt man oft weit daneben, wenn man zu wissen glaubt, was Jugendliche brauchen und wollen.“ Da er selbst in der Kommunalpolitik tätig ist und weiß, wie langsam die politischen Mühlen manchmal mahlen, rechnete der Landwirtschaftsmeister nicht polemisch mit der Bundesregierung ab, sondern informierte sachlich über die Missstände: Ein Landwirt ernähre heute 139 Menschen, doppelt so viele wie noch 1990.

Darauf weist der Slogan der gemeinsamen Protestaktion der Landwirtschaft und des Transportgewerbes hin. Ohne uns kein Essen“ hin. Mitte Januar 2024 demonstrierten Spediteure unter anderem mit einer Sternfahrt nach Berlin gegen den CO2-Zuschlag auf die LKW-Maut. Matthias Dotzler betonte, dass er sich gerne mit anderen Berufsgruppen aus dem Mittelstand solidarisiere und es begrüßte, dass sich Handwerker wie Zimmerer den Demonstrationen angeschlossen haben. Auch in diesen Berufen leide man unter mangelnder Wertschätzung bzw. nicht nachvollziehbaren bürokratischen Regelungen, die oft von Leuten ohne Praxiserfahrung getroffen werden. „Die Kürzungen beim Agrar-Diesel würde mein Betrieb überleben. Aber seit Jahren werden Subventionen gestrichen, einmal muss Schluss sein. Die Proteste werden deshalb weiter gehen.“ Dotzler erzählte, dass ein Bauernhof mittlerweile digitalisiert sein sollte, um zu bestehen. Für Investitionen hafte er mit seinem Privatvermögen. Der aufmerksam zuhörenden Klasse bot der Landwirt an, dass Interessierte gerne einmal ein Praktikum auf seinem Hof machen können. Langschläfer lassen sich aber vermutlich von Dotzlers Information abschrecken: „Meine Frau und ich stehen jeden Tag um fünf Uhr auf. Sieben Tage in der Woche.“
Vielen Dank an Matthias Dotzler für diese kurzweilige Politik- und Gesellschaft-Stunde!

Text, Bilder: kur