Rabenmütter – Ein Blick auf die Frauen, die ihr Kind zur Adoption freigeben

„Rabenmütter“: ein Schimpfwort für Mütter, die sich vermeintlich ungenügend um ihr Kind kümmern, es gar ablehnen und im Extremfall dann einfach weggeben. Die Präsentation des P-Seminars Religion im Pfarrheim St. Martin machte auf Beweggründe aufmerksam und sensibilisierte für die Thematik.

„Lieblos, gefühllos, unmenschlich (…) verantwortungslos und egoistisch! Das Kind ist ihnen egal!“
Mit dieser vorgestellten Einschätzung, den Beweggründen der Mütter und dem Thema der Adoption beschäftigten sich in den letzten beiden Halbjahren am Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium die elf Schülerinnen des Projekt-Seminars im Leitfach Religion: „Rabenmütter – Ein Blick auf die Frauen, die ihr Kind zur Adoption freigeben“ unter der Leitung von Studienrätin i.K. Anja Irlbacher. Bei der Präsentation im Pfarrheim St. Martin am 17. 1. stellten die Kursteilnehmerinnen den zahlreich erschienenen Gästen eindrucksvoll und fundiert ihr Projektergebnis in Wort und Bild vor.

Als ständige Stellvertreterin des Schulleiters lobte Studiendirektorin i. K. Monika Wagner in ihrem Grußwort das hohe Maß an Sensibilität und Engagement der Schülerinnen, das diese bei der Auseinandersetzung mit dem Thema, bei den umfangreichen Recherchen, Umfragen und Auswertungen, Interviews, bei der gelungenen Darstellung der Ergebnisse, den zusätzlich entworfenen Postkarten und nicht zuletzt in der Vorbereitung des Abends beeindruckend an den Tag legten. Auch die gelungene Zusammenarbeit mit dem externen Partner dem Adoptionsdienst des SkF wurde gelobt.

Trotz der Veränderungen der modernen Welt und gewandelten Moralvorstellungen besteht immer noch Unverständnis und Ablehnung gegenüber den Müttern.

In ihrer Ausführung betonte SkF-Vorsitzende Gutwein, dass trotz der Veränderungen der modernen Welt und gewandelten Moralvorstellungen immer noch Unverständnis und Ablehnung gegenüber Müttern bestehe, die aus Not und in schwieriger Lage ihr Kind zur Adoption freigeben. Besonders wichtig und bedeutend sei deshalb der Beitrag, den das P-Seminar gesellschaftlich leiste: Mit der Lenkung des Fokus auf abgebende Mütter werde somit dieses Thema aus dem Tabubereich gelöst und Verständnis und Toleranz gefördert. Diese Sensibilisierung sei in der Erarbeitung des Themas durch die verschiedenen Teams des Kurses in hervorragender Weise gelungen – das Seminar des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums habe so das Anliegen des SkF bestens unterstützt.

Deutlich wurden die Veränderungen im Moralverständnis und im gesellschaftlichen Bild der ein Kind zur Adoption freigebenden Mutter. Die überwiegende Mehrheit der Befragten sah hierbei die Verbesserung der gesellschaftlichen Wertung, erkannte aber auch – anders als gegenüber dem leiblichen Vater, welcher sich häufig aus der Pflicht nehmen kann – einen immer noch bestehenden Mangel an Verständnis für die Mutter. Die Kurzinterviews zeigten auch das geforderte Verständnis, ebenso Akzeptanz, Respekt und die notwendige Unterstützung für die abgebenden Frauen.

Vom direkten, persönlichen Zugang zu diesem Thema berichteten Sophia Pesold, Jenna Elliott und Jasmin Dolles, als sie das durch den SkF vermittelte Gespräch mit einer Adoptivmutter vorstellten, die selbst als Kind adoptiert wurde und sich bewusst dazu entschieden hat, auch ein Kind zu adoptieren. Diese zeigte Verständnis für ihre leibliche Mutter und war ihr dankbar, dass sie sich für eine Geburt und die Adoption entschied, und nicht einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen ließ. Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch empfahl sie, sich frühzeitig um eine Adoption zu bewerben. Sie gab aber auch zu bedenken, dass eine Adoption nicht als Beziehungsrettung gesehen werden kann. Selbst ein Kind zu adoptieren, war für sie eine bewusste Entscheidung, mit der sie die eigene, schöne Kindheit, die sie durch ihre Adoptiveltern erfahren hatte, auch einem anderen Kind ermöglichen wollte.

Tiefgreifend und bewegend stellte sich auch das zweite Interview im Bericht der Schülerinnen dar, das mit einem Adoptivvater geführt wurde. Da in Deutschland in der Regel nur bis zum 40. Lebensjahr ein Kind adoptiert werden kann, bestand für das Ehepaar diese Möglichkeit nur noch im Ausland. Wunsch war, einem Mädchen die Möglichkeit zu geben, ein aussichtsreiches, glückliches Leben zu führen, was im Heimatland nicht erfüllbar gewesen wäre. Nach einem ungewöhnlich langen Verfahren mit Eignungstests, Überprüfungen, Nachweisen und unzähligen Problemen, die es zu meistern galt, war es schließlich nach fünfeinhalb Jahren so weit, mit einem Mädchen aus einem Kinderheim in Kolumbien das langersehnte und neue Familienleben zu dritt zu beginnen.

Zum Abschluss beleuchteten Celina Mayerhöfer und Jenna Elliott die Adoption aus christlicher Sicht. Sie wiesen anhand eines Beispiels aus dem Alten Testament das darin deutlich werdende Verständnis und die Anerkennung gegenüber der abgebenden wie auch der adoptierenden Seite auf und verdeutlichten das gemeinsame Menschenbild im Buch Genesis und im Grundgesetz der Bundesrepublik.

Foto: djds