Turiner Grabtuch: Geheimnisvolle Faszination

Stiftungsdirektor Günter Jehl mit Vortrag für die fünften Klassen

Am Donnerstag, 21. Juli 2022, waren alle fünften Klassen (8.00 bis 9.30 Uhr: G5abc, 10.00 bis 11.30 Uhr: R5abc) zu einem besonderen Vortrag eingeladen. Der Direktor der Schulstiftung, Oberstudiendirektor Günter Jehl, sprach über das Turiner Grabtuch, dessen Faksimile (in Originalgröße) er mit in den Gerhardinger-Saal brachte.

Fasziniert hörten die Mädchen zu, wie Direktor Jehl aus seinem umfangreichen Wissen zu diesem Thema schöpfte und wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Vermutungen nebeneinander stellte und voneinander abgrenzte.

Das sogenannte Turiner Grabtuch, die „Sacra Sindone“, ist ein 4,42 Meter langes und 1,13 Meter breites Stück Leinen, gewebt im Fischgrätmuster. Es weist Blutspuren auf und zeigt die konturlose Vorder- und Rückansicht eines nackten männlichen Körpers, in dem man einen Gegeißelten und Gekreuzigten erkennen kann. Viele Gläubige verehren es als das Tuch, in das Jesus von Nazareth nach seiner Kreuzigung eingewickelt und begraben wurde. Die katholische Kirche enthält sich einer offiziellen Festlegung.

Der Überlieferung zufolge wurde es in den römisch-jüdischen Wirren nach Edessa gebracht, ins heutige Urfa, Türkei, wo es als nicht von Menschenhand gefertigtes Bild, als „Acheiropoieton“, großes Ansehen genoss. Man zeigte, für die Zeit verständlich, nur das Antlitz der Figur. Später wurde der Schatz in den Stadtwall eingemauert, kam jedoch bei der Perserbelagerung von 531 wieder zum Vorschein. Nächste Station: Konstantinopel. Dort ist das Tuch fast ein Vierteljahrtausend bezeugt. 1204 rücken die Kreuzritter an, verwüsten die Metropole des Ostreichs und lassen bei der Gelegenheit auch das Grabtuch mitgehen. Es soll dann eine Weile im Besitz der Templer gewesen sein, denen es indessen kein Glück brachte: Der Orden nahm ein schreckliches Ende.

Zum ersten Mal schriftlich erwähnt wird das Tuch 1353 in Frankreich, von da an weiß man über sein Schicksal gut Bescheid. Es gelangt 1453 an das Haus Savoyen, das 1578 die Überstellung nach Turin veranlasst, um dem Mailänder Oberhirten Karl Borromäus eine versprochene Pilgerreise abzukürzen.1578 erreichte es Turin, wo es heute in einer Seitenkapelle des Doms in einem gasgefüllten Glaskasten aufbewahrt wird. Größere Bekanntheit erlangte das Tuch durch eine erste Fotografie im Jahr 1898, deren Negativ ein sehr viel deutlicheres Bild des Körpers zeigte.

Insgesamt drei Brände musste das Tuch verkraften. Vom ersten gibt es Spuren, aber keine näheren Informationen. Der zweite ereignete sich 1532 in Chambéry, wobei glühende Metalltropfen vom Gehäuse ins Gewebe drangen und durchbrannten; den Lösch- und Reparaturarbeiten verdankt man die befremdliche Längsmusterung des Linnens. Beim dritten Brand am 12. April 1997 ging die Heilig-Tuch-Kapelle in Flammen auf. – 2002 wurde das Tuch restauriert.

Laut dem italienischen Wissenschaftler Liberato De Caro könnte das Turiner Grabtuch tatsächlich aus der Zeit des Todes Jesu stammen. Gemeinsam mit einem Team anderer Forscher habe er eine neuartige Röntgenmethode verwendet, um das Altern einer Stoffprobe des Grabtuchs zu untersuchen, schrieb das US-Portal „National Catholic Register“ im April 2022. Sie kamen demnach zu dem Schluss, dass das Grabtuch wesentlich älter sein müsse als die 1988 durch Radiokohlenstoffdatierung angenommenen rund 700 Jahre. Die Ergebnisse würden sich vielmehr mit der christlichen Hypothese decken, dass das Grabtuch etwa 2.000 Jahre alt ist.

Johannes Paul II.: „Die geheimnisvolle Faszination des Grabtuches wirft Fragen über die Beziehung dieses geweihten Leinens zum historischen Leben Jesu auf. Da das aber keine Glaubensangelegenheit ist, hat die Kirche keine besondere Befugnis, zu diesen Fragen Stellung zu beziehen.“

Quellen:

https://www.sueddeutsche.de/wissen/turiner-grabtuch-auf-tuchfuehlung-mit-jesus-1.2440456 (18.04.2015)

https://www.katholisch.de/artikel/33974-wissenschaftler-turiner-grabtuch-stammt-aus-todeszeit-jesu (20.04.2022)

Bilder: djds