„Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“

Russlandkenner informieren Schülerinnen des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums

„Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“, so lautet eine Feststellung, die dem US-Republikaner Hiram Johnson (1866-1945) zugeschrieben wird.
Anlässlich ihres Besuches am Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium am 17.11.2023 folgten die renommierten Journalisten und Autoren Dr. Gesine Dornblüth und Thomas Franke diesem Gedanken. Auf eindrucksvolle und engagierte Weise brachten sie den oberen Jahrgangsstufen nahe, was seriösen Journalismus ausmacht, woran dieser zu erkennen ist.
Seit mehr als 30 Jahren berichten beide über die Ost-West-Beziehungen, inzwischen in besonderem Maße über den Krieg gegen die Ukraine, viele Jahre lebten sie selbst in Moskau.
Die Verteidigung der Freiheit, die sie als harte Arbeit verstehen, ist ihr grundsätzliches Anliegen.

Ein Beitrag von Alina Lipp, einer im russisch besetzten Gebiet lebenden deutschen Bloggerin, stand am Beginn der Veranstaltung. Rasch begriffen die Schülerinnen deren fehlende Glaubwürdigkeit sowie die Unprofessionalität der Darstellung, die rein auf Emotionalität setzt. Nichts aber manifestiert Lipps Behauptungen, wonach etwa der Einmarsch der Russen allgemein gefeiert und ein Nazi-Regime verjagt werde. Hier, das stand rasch fest, liegt v. a. eine persönliche Meinung vor, nicht mehr.

Als Journalisten erkennen Dr. Gesine Dornblüth und Thomas Franke die Notwendigkeit, Medien in ihrem Kontext wahrzunehmen. Auch Propaganda lebe von „einem bisschen Wahrheit“. Ihre Arbeit als unabhängig Berichtende bestehe deshalb darin, mittels Belegen abzuklären, was wirklich verifizierbar ist. Alina Lipp und andere aber setzen vorrangig auf pure Emotion.
Die Gefahr sogenannter Fake News bestehe in der Zersetzung, im Säen von Misstrauen und der Verbreitung von Hass. Letztlich führe dies zur Zerstörung von Freiheit und Demokratie, weil die Verunsicherung von Menschen deren Passivität bedinge.

Im Hinblick auf die deutsche Medienlandschaft wird auf renommierte Quellen verwiesen. Auch diese, führt Thomas Franke aus, seien aber miteinander zu vergleichen, was den Umgang mit Meldungen betrifft. Man dürfe nicht der erste Sender sein, der über ein Ereignis berichtet, seriöser Journalismus recherchiert, prüft Quellen. So seien sie auch selbst vorgegangen, als die Meldung über den russischen Angriffskrieg erfolgte. Thomas Franke hielt diese zunächst für unwahr, riet zur Zurückhaltung bei der Berichterstattung.
Offizielle Meldungen aus Russland über den Krieg, so belegen beide, seien falsch, verzerrt, ja nachweisbar Lügen. Solche aus der Ukraine untertreiben die Opferzahlen, die wenigen unabhängigen Journalisten würden sofort an die Front gebracht. Auf ukrainischer Seite aber, so stehe fest, liegen keine bewussten Lügen vor, denn sonst fiele die westliche Unterstützung weg.
Wie gehen Dr. Gesine Dornblüth und Thomas Franke also vor? Sie orientieren sich an Orten und Menschen, die sie persönlich kennen. So können sie den Wahrheitsgehalt von Meldungen einschätzen. Auch seien große Medienhäuser in westlichen Demokratien wie „The Washington Post“, „The New York Times“ oder die BBC heranzuziehen.

Viele Fragen der Schülerinnen, für die die Autoren sich ausführlich Zeit nahmen, begleiteten diese Veranstaltung, insbesondere fielen solche zur Wagner-Truppe auf. Diese lasse kein Vakuum zurück, andere Privatarmeen, führen die Journalisten aus, füllen deren Lücke sofort. Zudem werden in Russland Schwerverbrecher im Gefängnis als Soldaten angeworben. Überleben sie im Krieg gegen die Ukraine eine gewisse Zeit, so brauchen sie ihre ursprüngliche Strafe nicht wieder anzutreten. Der von Frau Dr. Dornblüth konkret angeführte Fall eines Mörders, der seine Ex-Freundin auf brutalste Weise tötete und nun nach seiner Zeit in der Armee frei leben darf, erschütterte die Zuhörerinnen.
Die schwierige Situation russischer Lehrkräfte wird ebenfalls benannt. Fragen ihrer Schüler dürfen diese nicht offen beantworten, es existieren Anweisungen, was gesagt werden darf. Hält man sich nicht daran, erfolgen Vorladungen durch den Geheimdienst.

Ob Dr. Gesine Dornblüth und Thomas Franke auch selbst gefährdet seien, wollten Schülerinnen wissen. Beide berichten vom Krisentraining für Journalisten, von brenzligen Situationen, müssen aber zugeben, dass es natürlich „Menschen gibt, die nicht wollen, dass wir dort arbeiten“. Noch lange nahmen sich diese Vollblutjournalisten  Zeit für Schülerinnen, die nach dem Abitur im Journalismus tätig sein wollen.
Frau Dr. Gesine Dornblüth und Thomas Franke, dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ und Herrn Irlbacher, dem Leiter der KEB Amberg-Sulzbach, danken die Schülerinnen des Dr.-Johanna-Decker-Gymnasiums für die Unterstützung.
Auf das jüngste Buch von Gesine Dornblüth und Thomas Franke, also auf  „Jenseits von Putin“, einen Spiegel Bestseller, 2023 im Verlag Herder erschienen,  sei ausdrücklich verwiesen.

Text: dek, Bilder: rom