Europaabgeordenter Ismail Ertug

„Seid ruhig ungehorsam! Ihr müsst nicht alles abnicken!“, ermunterte Ismail Ertug die Schülerinnen der 10. Klassen des Gymnasiums. Bei diesem Satz zuckten die anwesenden Lehrer kurz zusammen, doch Ertug bezog sich damit auf die „Fridays for Future“-Proteste: „Auch ich laufe bei diesen Demonstrationen mit. Politik braucht Druck!“ Am 5. Juli nahm der Europaabgeordnete sich rund 90 Minuten Zeit, um bei seinem Vortrag im Gerhardinger-Saal spontan und souverän auf die Fragen der Schülerinnen einzugehen.

Seid ruhig ungehorsam! Ihr müsst nicht alles abnicken!

Ismail ErtugEuropaabgeordneter

Die Themenpalette war breit: So wollten die Zehntklässlerinnen wissen, wie der Sohn türkischer Gastarbeiter zum Wahlalter mit 16 steht: „Die Schülerproteste gegen den Klimawandel zeigen doch, dass die jungen Leute Interesse an der Politik haben – warum solltet ihr nicht auch mit 16 wählen dürfen? Der Klimawandel ist in der Tat ein brisantes Problem: „Wir müssen den CO-2-Ausstoß unbedingt reduzieren, deshalb halte ich bei Kurzstrecken Elektroautos für absolut sinnvoll.“

Gegner der Großen Koalition

Außerdem erfuhren die Zuhörer, dass der SPD-Politiker vor eineinhalb Jahren ein überzeugter Gegner der Großen Koalition war und „leider Recht behalten“ habe. Doch gerade in seiner Partei zähle der Wille der Basis viel und in der Mitgliederbefragung 2018 habe eben die Mehrheit für den Koalitionsvertrag gestimmt.

Viele Fragen drehten sich um den Brexit: Der gebürtige Amberger sieht auch die negative Berichterstattung der Medien in Großbritannien als Grund für die Skepsis der Briten gegenüber der EU. Ein Austritt würde für beide Seiten Nachteile bringen, z. B. eine höhere Arbeitslosenquote in Großbritannien. Der weitere Verlauf hänge wohl davon ab, wer Mays Nachfolger als Premierminister wird. Der „charismatische und gnadenlose Populist“ Boris Johnson würde zum Beispiel auch einen harten Brexit durchziehen.

Der umstrittene Artikel 13 

Natürlich kam der umstrittene Artikel 13 zur Sprache, der Plattformen wie YouTube betrifft: Ertug betonte, dass er den Urheberrechtsschutz für wichtig halte. Aber die technische Umsetzung durch Uploadfilter sei in seinen Augen falsch, denn Algorithmen erkennen beispielsweise keine Satire oder Ironie und sortieren zu viel aus.

Ertugs Frau und seine beiden Töchter müssen wohl öfter auf ihn verzichten, da montags bis donnerstags Sitzungen in Straßburg bzw. Brüssel stattfinden: „Doch im August ist sitzungsfrei, da freue ich mich schon darauf.“

Foto: djds, pixabay